Ist Österreich wirklich frei von Atomkraft?

Die Nutzung von Atomkraft bringt verschiedenste, bisher größtenteils ungelöste Probleme mit sich. Einerseits die Frage nach der Lagerung von Atommüll, andererseits die fehlende Wirtschaftlichkeit - historisch wurde Atomkraft alleine in Deutschland mit über 200 Mrd. Euro subventioniert. Der Think Tank Agora Energiewende spricht beispielsweise davon, dass Atomkraft die einzige Energieform ist, die immer teurer wird. Dazu kommt dann noch die Sicherheitsfrage - niemand will ein zweites Tschernobyl oder Fukushima vor der eigenen Haustür erleben. So sind auch die Bedenken zu alten Atomkraftwerken hinter der Grenze, die aktuellen Sicherheitsstandards nicht mehr entsprechen, nachvollziehbar.

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GLOBAL 2000 berichtet hier zum Beispiel ausführlich über gravierende Mängel am Bau des Atomkraftwerks Mochovce, welches gerade mal 150km von Wien entfernt ist.

Zurück zur Eingangsfrage - ist Österreich wirklich frei von Atomkraft?

Seit dem Reaktorunfall in Tschernobyl, spätestens jedoch seit das Atomsperrgesetz in Österreich 1999 in den Verfassungsrang gehoben wurde, besteht in Österreich ein breiter, gesellschaftlicher Konsens in der Ablehnung von Atomkraft.

"Natürlich ist Österreich frei von Atomkraft!" werden viele Menschen also antworten, in Gedanken auch an die Volksabstimmung zum AKW Zwentendorf im Jahre 1978, die mit 50,5% gegen eine Nutzung von Kernenergie ausgefallen ist.

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Trotzdem blieb in der Folge der Import von Atomstrom möglich. Technisch war beispielsweise ein Import von Strom aus dem tschechischen Kernkraftwerk Dukovany ab 1983 möglich und üblich. Versiertere Leser*innen werden an dieser Stelle eventuell die seit 2015 bestehende Kennzeichnungspflicht für Strom als Argument für ein atomkraftfreies Österreich nennen. Damit wurde Graustrom - also Strom unbekannter Herkunft - aus dem österreichischen Markt ausgeschlossen. Zeitgleich verpflichteten sich die österreichischen Energieversorger, keinen Atomstrom mehr zuzukaufen. Nachdem in der EU aber der Handel von Stromzertifikaten getrennt vom physischen Stromfluss abläuft, wird in Österreich weiterhin Atomstrom importiert; dieser ist jedoch einfach mit aus Norwegen zugekauften Zertifikaten als "Wasserkraft" deklariert. So sind nach Schätzungen der IG Windkraft immer noch 6-16% des heimischen Stroms aus Atomkraftwerken. Rein physisch betrachtet lässt sich die Frage, ob Österreich atomkraftfrei ist, im Stromsektor also schon mal mit einem klaren "Nein" beantworten. Ein weiterer Sektor wird in den Bemühungen gegen Atomkraft gerne außer Acht gelassen - die Finanzwirtschaft.

Finanzielle Risiken von Atomkraft

Nicht nur aus Gründen des Umweltschutzes, sondern auch aus finanzieller Perspektive bringt Atomkraft gewisse Risiken mit sich: die strikten Anforderungen an Sicherheit verbunden mit den hohen Baukosten können dazu führen, dass ein geplantes Atomkraftwerk nicht oder nur kurz in Betrieb genommen wird - und damit zum Millionen- oder gar Milliardengrab wird. Neben der bekannten Investitionsruine Zwentendorf wurde zum Beispiel auch das AKW Mühlheim-Kärlich wegen eines fehlerhaften Baugenehmigungsverfahrens nur zweieinhalb Jahre nach Inbetriebnahme wieder vom Netz genommen. Hinzu kommen die finanzielle Abhängigkeit von Subventionen sowie die Notwendigkeit für Rückstellungen unter anderem bei den Kosten für Abbau der Atomkraftwerke sowie bei der Lagerung des Atommülls.

Investments in Atomkraft

Selbst wenn man nicht selbst direkt in den Aktienmarkt investiert, ist praktisch jeder Österreicher indirekt am Finanzmarkt beteiligt - und damit wohl auch an Atomkraft. Denn mit österreichischen Versicherungen, Pensionsfonds und Investmentfonds, die alle am internationalen Markt agieren, gibt es in Österreich zahllose Möglichkeiten, unbewusst oder gegen den eigenen Willen an Investmentportfolios beteiligt zu sein, die in Atomkraft investieren. Wenn man bei CLEANVEST das Kriterium "Frei von Atomenergie" auf "wichtig" setzt, bleiben von derzeit 2913 Fonds nur noch 1918 übrig; bei "strikt" sogar nur noch 1269. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass in Österreich 1644 von 2913 Fonds in Atomkraft investieren, also mehr als die Hälfte.

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Bei der Nutzung von CLEANVEST stößt man auch auf Fonds, bei denen ein oder mehrere Investments den Ausbau von Mochovce unterstützen. Dabei sind einige Fonds, die man im ersten Moment nicht unbedingt mit Atomkraft assoziieren würde, wie zum Beispiel Sustainability oder Social Fonds:

JPMorgan Funds - Europe Sustainable Equity Fund A (acc) - EUR

BlackRock Strategic Funds - Sustainable Euro Bond Fund A2 EUR

Threadneedle (Lux) - European Social Bond Fund ZE EUR

AXA World Funds - Euro Sustainable Credit A Capitalisation EUR

SEB Sustainability Fund Global C EUR

Was Du dagegen tun kannst:

Lästig sein

Lästig sein bedeutet, Transparenz zu fordern, denn die Produkte, die wir vom Finanzsektor angeboten bekommen, haben noch keine Kennzeichnungspflicht wie die Lebensmittel im Supermarkt (Anmerkung: die EU arbeitet daran). Wir können daher noch nicht in allen Bereichen überprüfen, welche Wirkung unser Geld hat. Aber wir können und müssen lästig sein, bei jedem Kontakt mit der Bank, bei jedem Kontakt mit der Versicherung. Die Fragen könnten lauten: „Was macht ihr mit meinem Geld? Wie investiert ihr es und welche Projekte werden damit finanziert oder versichert?“

Selbst Recherchieren

Teilweise sind auch Nachhaligkeitsaspekte bereits in der Anlagestrategie einer Versicherung oder einer Pensionskasse verankert und werden auf deren Website kommuniziert. Eine schnelle ecosia.org Suche zum Unternehmen und "Nachhaltigkeit Veranlagung" oder ähnlichen Schlüsselwörtern kann hier Abhilfe leisten. So haben beispielsweise die Allianz hier oder die VBV Vorsorgekasse hier Informationen zu Nachhaltigkeit in der Veranlagung veröffentlicht.

Außerdem kannst du CLEANVEST nutzen, um mehr Informationen in Erfahrung zu bringen - einerseits, um die Nachhaltigkeitsbewertung bestimmter Fonds, an denen du beteiligt bist, oder die dir bei dem* der Anlageberater*in in Aussicht gestellt wurden, einzusehen. Für das Risiko im Zusammenhang mit der Carbon Bubble sind dabei die beiden Kriterien "Frei von Öl und Gas" sowie "Frei von Kohle" relevant. Andererseits, um Fonds aufzuspüren, die deinen individuellen Ansprüchen an die Nachhaltigkeit entsprechen. So kannst du die Suchfunktion dafür nutzen, beispielsweise Kohle auf "Strikt" und Öl und Gas auf "Wichtig" zu stellen und wahlweise noch weitere Kriterien wie beispielsweise "Frei von Atomkraft" dazuzuschalten und dann zu sehen, welche Fonds noch in Frage kommen. CLEANVEST bietet dabei keine Anlageempfehlung, sondern schafft lediglich Transparenz zu Aspekten der Nachhaltigkeit und des Klimawandels. Eine Anlage sollte dann immer in Absprache mit deiner Anlageberater*in erfolgen. Im besten Fall kann dieser die neu gelernten Informationen zu Nachhaltigkeit gleich weiterverwenden und vervielfältigen!

CLEANVEST ist ein Werkzeug, um das Bewusstsein für mehr Transparenz und Nachhaltigkeit von Investments zu stärken. Aktuell erhalten Anleger*innen noch viel zu wenige Informationen über konkrete Nachhaltigkeitsaspekte, die ebenso Grundlage ihrer Investitionsentscheidung sein sollten.



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